Interplanetares Magnetfeld
Wie die Erde, so besitzt auch die Sonne ein Magnetfeld. Dieses solare Magnetfeld endet aber nicht an der Sonnenoberfläche, sondern reicht in den Raum der Planeten hinein. Es wird mit den solaren Teilchen des Sonnenwindes in diesen interplanetaren Raum hineingetragen, weshalb es auch als interplanetares Magnetfeld (IMF) bezeichnet wird. Am Rand des Sonnensystems trifft der Sonnenwind auf das interstellare Medium mit einem eigenen, dem interstallaren, Magnetfeld. Hier endet an der Heliopause dann auch der nicht gravitative Einflussbereich der Sonne.
Eine besondere Periodizität des interplanetaren Magnetfeldes ergibt sich aufgrund der Sonnenrotation. Diese zieht die Fußpunkte der Magnetfeldlinien bei ihrer Rotation mit sich, während die eigentlichen Feldlinien mit dem Sonnenwind radial ins äußere Sonnensystem laufen. Hieraus ergibt sich letztlich ein spiralförmiges Bild des IMF, welches man als Parkerspirale bezeichnet und häufig mit einem Rasensprenger verglichen wird.
Das solare Magnetfeld ist ein "normales" Dipolfeld. Jedoch wird dies aufgrund von Sonnenflecken, die jeweils ihre eigene magnetische Struktur mitbringen, etwas chaotisch verwandelt. In einer Projektion des IMF in die Ebene der Planeten (Ekliptik) stellt man daher keine Feldlinien mit Nord- oder Südpolung dar, sondern betrachtet die magnetische Flussrichtung an den Fußpunkten der Feldlinien. Tritt der Fluss aus der Sonnenoberfläche aus, so spricht man von "away"-Feldlinien, die in den folgenden Diagrammen rot markiert sind. Analog sind einlaufende Feldlinien mit "toward" bezeichnet und blau markiert. Da man in diesem Diagramm nur die Feldlinien betrachtet, die mit dem Erdmagnetfeld in Wechselwirkung treten können, ergibt sich durch lokale Strukturen wie Sonnenflecken und koronale Löcher eine Sektorierung der Parkerspirale in entsprechende rote und blaue Bereiche. Dies kann von lediglich einem blauen und einem roten Bereich bis zu mehreren blauen und roten Bereichen variieren, je nachdem wie aktiv die Sonne ist und wie chaotisch die Strukturen in der Nähe des solaren Äquators sind.
Stärke und Ausrichtung des IMF
Die aktuelle Ausrichtung der lokalen Feldlinien im IMF und die jeweilige lokale Magnetfeldstärke (in Nanotesla, nT) werden mit den Vektoren Bx, By und Bz btw. dem Summenvektor Bt angegeben. Es gibt verschiedene Satelliten, die diese Parameter für einen bestimmten Ort im interplanetaren Raum messen (z.B. ACE oder STEREO). Für den Polarlichtbeobachter ist hauptsächlich der Advanced Composition Explorer - Satellit (ACE) interessant. Der ACE-Satellit misst neben dem IMF u.a. noch die Dichte, Geschwindigkeit und Temperatur des aktuellen Sonnenwindes. Dabei kann ACE als Frühwarnsystem bezeichnet werden, denn er steht im Lagrange-Punkt L1 rund 1,5 Millionen Kilometer vor der Erde in Richtung Sonne. Die Sonnenwindteilchen die der ACE vermisst, werden also, je nach Geschwindigkeit, etwa 30 bis 90 Minuten nach der Messung auf das Erdmagnetfeld treffen und dort entsprechende Reaktionen auslösen.
Bx bestimmt die Flussdichte entlang der zur Erde gerichteten Achse. By liegt ebenfalls in der Ekliptik und ist orthogonal zu Bx ausgerichtet. Die wichtigste Komponente ist jedoch der Bz-Wert. Der Bz-Wert gibt an, ob die Feldlinien des IMF entgegen oder mit den Feldlinien der Erde verlaufen. Je stärker das IMF nach Süden ausgerichtet ist, also je niedriger der Wert von Bz ist, desto besser können die solaren mit den irdischen Magnetfeldlinien in Wechselwirkung treten und desto leichter können Teilchen des Sonnenwindes zur irdischen Atmosphäre vordringen. Die Polarlicht-Chance steigt. Die Grafik unten rechts (GFZ-Potsdam) zeigt, wie sich das negativ ausgerichtete IMF mit dem Magnetfeld der Erde koppelt.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass der Bz-Wert für einige Stunden unter -10nT (Nanotesla) liegen muss, um in Deutschland sichtbares Polarlicht hervorzurufen. Selbstverständlich ist das nur ein Anhaltspunkt, aber letztendlich ist der Bz-Wert DER ausschlaggebende Parameter für das Auftreten von Polarlichtern in unseren mittleren und niedrigen (magnetischen) Breiten.
Aktuelle Ausrichtung des IMF
Live Plot
Aktuelle Ausrichtung des Interplanetaren Magnetfelds (Quelle: iSWA)
Aktuelle Ausrichtung des interplanetaren Magnetfeldes (Quelle: iSWA)
Heliosphärische Stromschicht (HCS)
Wie oben gesehen, ist das IMF in Sektoren unterteilt. An den Stellen, an denen zwei unterschiedliche Sektoren zusammentreffen, gibt es eine besondere Schicht, die sogenannte Heliosphärische Stromschicht (englisch Heliospheric Current Sheet) oder kurz HCS.
Wenn die Erde von einem Sektor in den anderen wandert, also das HCS durchdringt, spricht man von einem Sektorwechsel oder auch von einem HCS-Crossing. Der Sektorwechsel dauert ca. 5-10 Stunden und kann an der "Phi-Kurve" am ACE-Satelliten abgelesen werden. Bei einem Sektorwechsel ändert sich der Winkel, den der hellblaue Graph abbildet, um ~180°. Während des Wechsels schwankt die Kurve teilweise sehr stark hin und her (siehe 1. Abbildung unten).
Befindet sich die HCS innerhalb der Plasmawolke eines coronalen Massenauswurfes, so fallen die geomagnetischen Auswirkungen dieses CMEs häufig stärker aus, als bei einfachen CMEs ohne Beteiligung des HCS. Auch schwache CMEs können so für ein helles Polarlicht sorgen. Ein Beispiel für solch ein Polarlicht-Event war das helle Polarlicht vom 27./28.02.2014.