Nach einer klaren und sehr kalten Nacht mit -16,5°C am frühen Morgen (Boden: -22°C) war am 10.12. alles mit fächerförmigem Rauhreif überzogen. Selbst die Kristalle an der Schneeoberfläche waren derart zerfroren, dass sie dem Rauhreif ähnliche Strukturen annahmen. Als ich nach Sonnenaufgang meinen Blick auf eine größere Schneefläche warf, war ich überrascht, denn was ich dort sah, war ein “doppelter” Schneedeckenhalo. Der 22°-Ring war doch tatsächlich noch von einem 24°-Ring umgeben. So etwas hatte ich kaum für möglich gehalten - Pyramidalkristalle auf einer Schneedecke! Auch der 46°-Ring zeigte sich durch eine Ansammlung farbiger Lichtpunkte. Es war jedoch kaum vom Glitzern des zerfrorenen Schnees zu unterscheiden. Dennoch wurde er mit steigender Sonnenhöhe deutlicher (wie bei meiner Erstbeobachtung am 30.12.1996), insbesondere auf dem Gelände des zukünftigen Lausitzrings (riesige Freifläche).
Die größte Intensität der 3 Ringe war wie am Vortag an den seitlichen Rändern. Da an jenem Tag der Faktor Wind keine Rolle mehr spielte, lässt sich der Effekt wohl nur durch die entfernungsbedingte Kristallkonzentration erklären. Eigenartig ist nur, dass dieser Effekt bei allen bisherigen Beobachtungen noch nie auftrat. Bei diesen gab es die größte Intensität immer am unteren Rand, da mit der Entfernung, also zum Horizont hin, die Lichtpunkte immer schwächer und damit für das Auge schlechter wahrnehmbar wurden.
Vielleicht sollte ich mir zuerst einmal die Frage stellen, woher die Eiskristalle überhaupt kommen!? Da im Vergleich zum Vortag mit dem 24°-Ring eine neue Erscheinung hinzukam, kann es sich also nicht mehr um den Schneegriesel vom 8.12. handeln, der womöglich schon längst seine Wirkung verloren hatte. Es müssen also neue Eiskristalle für die sonderbaren Erscheinungen verantwortlich gewesen sein. Nun hatte es aber in der vorangegangenen Nacht kein bisschen geschneit. Sollte es sich etwa um den Rauhreif handeln, der sich in der zurückliegenden Nacht auch direkt an der Schneeoberfläche bildete? Aber was war mit dem Reif an bodennahen Pflanzenstengeln? Tatsächlich zeigten sich in den fächerförmigen Rauhreifkristallen an Pflanzen keinerlei Lichtbrechungseffekte. Auch der von Bäumen geschüttelte Rauhreif vermochte nicht einmal den 22°-Halo durch Aufglitzern der Kristalle anzudeuten. Beobachtungen aus dem Winter 96/97 belegen ebenfalls, dass nach extrem kalten Nächten fächerförmiger Rauhreif ohne irgendwelche Lichtbrechungseffekte auftrat. Der Rauhreif scheint also auch nicht die Entstehungsursache für die neuen Schneedeckenhalos zu sein. Doch woher kamen die Kristalle dann? T. Lehmann berichtete von lokal begrenztem Bodennebel auf der Fläche des zukünftigen Lausitzrings kurz nach Sonnenaufgang auf seinem Schulweg. Er erwähnte auch in der Luft schwebende Eiskristalle, die im Licht der aufsteigenden Sonne aufglitzerten. Es besteht nun die Vermutung, dass sich die entsprechenden Eiskristalle als Eisnebel gebildet hatten und sich allmählich am Boden ablagerten. Das könnte auch die Erklärung für den bisher noch nicht auf Schnee beobachteten 24°-Ring sein, der immerhin genauso deutlich war, wie der 22°-Ring. Die These wird unterstützt durch die Tatsache, dass die Schneedeckenhalos nur auf größeren Freiflächen auftraten und nicht z.B. im Garten, da sich Bodennebel bevorzugt im Freiland bildet. Während der 24°-Ring nur auf einem verschneiten Acker am Rande von Klettwitz beobachtet wurde, traten 22°- und 46°-Ring auch auf anderen Flächen auf. Anscheinend haben sich Pyramidalkristalle nur im Bodennebel auf dem einen speziellen Acker gebildet und nicht noch anderswo, wodurch sich die Verbreitung des 24°-Ringes noch stärker eingrenzte. Die Bildung spezieller Eiskristalle im Eisnebel scheint also selbst im Flachland lokal abhängig zu sein.
Mit der Eisnebeltheorie lässt sich nun vielleicht auch die Lichtkonzentration an den seitlichen Rändern der Ringe erklären, wenn man davon ausgeht, dass die Eiskristalle wegen der ruhigen Luft in leicht orientierter Lage den Boden erreichten und somit eine Häufung von Lichtbrechungen in Horizontnähe erzeugten. Um diese Aussage glaubhaft zu machen, hätte man jedoch die Struktur der Eiskristalle untersuchen sollen, wozu ich leider keine Gelegenheit hatte.
von Richard Löwenherz