Zero Order Glow

Erklärung

Sonnenbeschienene Regentropfen bewirken eine Reihe von Lichtstreueffekten. Zwar sind sie zu groß, um noch Kränze oder Glorien zu erzeugen, aber es gibt die aufsteigende Reihe der Regenbogenordnungen, beginnend bei den wohlbekannten Haupt- und Nebenregenbögen. Außerdem bildet sich eine diffuse Lichtkonzentration in Richtung Sonne, deren Intensität graduell mit steigendem Winkelabstand abfällt.

Diese Vorwärtsstreuung entsteht durch Lichtstrahlen, die im Gegensatz zu den Regenbögen im Tropfen nicht reflektiert werden, sondern nur bei Ein- und Austritt gebrochen. Isaac Newton hat vermutet, dass dadurch ein Regenbogen "nullter Ordnung" entstehen könnte, was allerdings später widerlegt wurde. Für diese Strahlengänge gibt es keine Extremalablenkung, d.h. auch keine scharfe Lichtkonzentration mit Farbaufspaltung bei einem bestimmten Winkel ab der Sonne. Allerdings kam so der Begriff "zero order" in die Literatur.

Um den Effekt beobachten zu können, muss in Richtung zur Sonne Regen fallen, der nicht im Schatten von Wolken liegt oder sich selbst abschattet, wie es bei sehr intensiven Schauern geschehen kann. Bei tiefem Sonnenstand ist es geometrisch einfacher, dass sich lange Lichtwege durch Regenschauervorhänge ausbilden, dadurch wird der Effekt intensiver. Das Streulicht nimmt dabei die Farbe des einfallenden Sonnenlichts an, d.h. bei Sonnenauf- oder -untergang ist ein intensives rotes "Glühen" zu beobachten. Es gibt die Vorwärtsstreuung aber auch bei höherem Sonnenstand, dementsprechend erscheint das Zero Order Glow in diesem Fall gelb oder weiß. Bei strenger Auslegung des Begriffs "Glühen" ist aber nur das rote Leuchten bei tiefstehender Sonne gemeint. Visuell unterscheidet sich Zero Order Glow vom Abendrot dann dadurch, dass sich nicht die Wolken rot einfärben, sondern der Regen selbst. Auch verschwindet das Zero Order Glow sehr rasch nach dem Sonnenuntergang (ähnlich wie beim „Roten Regenbogen“).

Übrigens ist es nicht zwingend erforderlich, dass es beim Beobachter selbst regnet. Je nach Lichteinfall und Wolkenzugrichtung kann der Schauer bereits durchgezogen sein, noch ankommen oder den Beobachter auch ganz verfehlen. Meist definiert die begrenzte Ausdehnung des Schauers (aus der Beobachterperspektive, d.h. der abgedeckte Raumwinkel) das Leuchten zu den Seiten. Hin und wieder ist aber doch fast die gesamte Streulichtscheibe sichtbar, oder zumindest für bodengebundene Beobachter der über dem Horizont liegende Teil. Von Bergen, aus Flugzeugen, auf Drohnenaufnahmen etc. kann sich das Zero Order Glow auch unter den Horizont ausdehnen.

Für die Jäger der 3. und 4. Regenbogenordnung ist das Zero Order Glow übrigens eher ein Ärgernis. Denn es handelt sich dabei um genau denjenigen unvermeidlichen Streulichthintergrund, der die visuelle Beobachtung so gut wie unmöglich macht und für fotografische Nachweise intensive Bildfilterung erzwingt.

Fotos

Regenbogen 3. und 4. Ordnung
Die Regenbögen 3. und 4. Ordnung (Foto: Michael Theusner)
Tertiärer Regenbogen
Erster fotografierte Regenbogen 3. Ordnung am 15.05.2011 (Foto: Michael Großmann)
Regenbogen 3. und 4. Ordnung
Regenbogen 3. und 4. Ordnung am 07.07.2017 in Berlin (Foto: Andreas Möller)